Westfalenpost 13.06.2018, Meschede.
Am Anfang standen Spannungen - jetzt ist die Ingenieurgesellschaft Gierse-Klauke aus Meschede ausgezeichnet worden. Sie nutzt Mediation.
Die Mescheder Ingenieurgesellschaft Gierse-Klauke setzt seit 2014 auf Mediation, um Konflikte mit den Chefs oder unter Kollegen zu lösen. Genau dafür hat der heimische Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg das Planungsbüro jetzt ausgezeichnet. Im Interview berichtet Franz Gierse als einer der Geschäftsführer über die Konfliktkultur, Aufwand und Erfahrungen.
Die IGK hat eine Auszeichnung der Deutschen Mediationsgesellschaft erhalten. Hatten Sie schon einmal Konflikte im Unternehmen oder warum haben Sie sich um das Thema gekümmert?
Franz Gierse: Unterschwellige Spannungen zwischen zwei Führungskräften belasteten damals die Arbeitsatmosphäre in unserem Ingenieurbüro. Eine Mitarbeiterumfrage verdeutlichte uns, wie wichtig den Mitarbeitern die Lösung dieses Konflikts war. Dies war vor fünf Jahren der Anlass für uns, die Mediatorin Britta Ewert als professionelle Unterstützung und Beraterin zu engagieren. Aufgrund der sehr guten Erfahrungen mit dieser offenen und lösungsorientierten Konfliktkultur haben wir uns damals entschieden, Mediation auch präventiv im gesamten Unternehmen zu nutzen. Seit etwa vier Jahren bieten wir daher allen Mitarbeitern an, die Unterstützung unserer Mediatorin in Anspruch zu nehmen.
In Unternehmen ist die Technik der Mediation noch sehr selten. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?
Seit 2012 hat unser Büro einen Auftragsboom erlebt und ist von 14 auf heute mehr als 40 Mitarbeiter gewachsen. Ein so schnelles Wachstum erfordert neue Strukturen und eine Anpassung der Arbeitsprozesse. Dazu kommt, dass wir in der Geschäftsleitung wegen der Einarbeitung neuer Kollegen und der steigenden Anzahl der Mitarbeiter jeden Einzelnen nicht mehr so intensiv betreuen konnten. Dies birgt die Gefahr, dass sich Mitarbeiter nicht mitgenommen fühlen. Hier hat uns die Mediation durch die Etablierung einer offenen Gesprächs- und Konfliktkultur geholfen, die Mitarbeiter in diese Unternehmensentwicklung einzubinden und neue Kollegen erfolgreich ins Team zu integrieren.
Lassen sich alle Mitarbeiter darauf ein, dass offen über mögliche Konflikte gesprochen werden soll, oder wie wird diese Atmosphäre geschaffen?
Unsere Mediatorin hat es von Anfang an geschafft, dass sie von allen Kollegen als Vertrauensperson akzeptiert und auch geschätzt wird. Neben persönlichen Qualifikationen wie Empathie und aktivem Zuhören braucht es dazu auch ein paar klare Regeln. So sind alle Gespräche mit der Mediatorin vertraulich. Über die Gesprächsinhalte spricht Frau Ewert nur dann mit der Geschäftsführung, wenn der Mitarbeiter dies wünscht. Gelegentlich nutzen Mitarbeiter auch unser Angebot, sich bei privaten Schwierigkeiten mit unserer Mediatorin zu beraten.
Treten Rangordnungen in Unternehmen durch Mediation in den Hintergrund, also inwiefern verändert dieser Umgang auch Inhaber und Vorgesetzte?
Ein kooperativer Führungsstil war uns in der IGK schon immer sehr wichtig. Man spürt aber, wie sich die Gesprächskultur im Unternehmen durch die jahrelange Begleitung der Mediatorin verändert hat: Wir alle haben gelernt, besser zuzuhören, durch Nachfragen Missverständnisse zu vermeiden und Probleme direkt bei der jeweiligen Person offen anzusprechen. Dies stärkt das beiderseitige Verständnis und so auch die Bereitschaft, dass wir uns gegenseitig bestmöglich unterstützen.
Welchen Aufwand muss eine Firma einkalkulieren, um mit einem Prädikat ausgezeichnet zu werden? Und was kostet dieser Weg?
Für die Auszeichnung ist es erforderlich, dass mindestens zehn Prozent der Mitarbeiter umfassend in den Grundkompetenzen mediationsbasierter Kommunikation und Konfliktlösung geschult werden. Entscheidend ist jedoch vor allem, dass Mediation kein Strohfeuer, sondern Bestandteil einer nachhaltigen Unternehmenskultur ist. Die IGK wurde ausgezeichnet, da wir schon seit fünf Jahren Mediation konsequent nutzen. Britta Ewert ist fast jede Woche in unserem Büro. Je nach Bedarf mal nur für ein kurzes Gespräch oder auch an mehreren Tagen für einige Stunden. Ähnlich wie ein Unternehmensberater wird sie nach Stunden bezahlt. Ich denke es gibt aber wenige Berater, die den Zusammenhalt des Teams und die Arbeitsatmosphäre so nachhaltig positiv beeinflussen können, wie Frau Ewert dies bei uns bewirkt hat.
Im Rahmen einer Feier zum 20-jährigen Bestehen der Ingenieurgesellschaft Gierse-Klauke hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg das Planungsbüro für seine mediationsbasierte Unternehmensführung ausgezeichnet.
Sensburg, der selber Kuratoriumsmitglied bei der Deutschen Gesellschaft für Mediation ist und einer der Initiatoren des Mediationsgesetzes aus dem Jahr 2012 war, überreichte das Prädikat der Deutschen Gesellschaft für Mediation.
Bei der Mediation handelt es sich um einen Mechanismus zur außergerichtlichen, gütlichen Lösung von Konflikten. Innerhalb von Unternehmen wird die Mediation aber vor allem genutzt, um eine neue Unternehmens- und Kommunikationskultur zu etablieren. Ziel ist es, innerbetriebliche Konflikte frühzeitig zu erkennen und gütlich zu lösen.
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